… beantwortet John Henry Newman (1801-1890), Theologe und Kardinal in seiner Predigt „Die unsichtbare Gegenwart Christi“ (aus Predigten zu Themen des Tages, Nr. 21, zitiert aus Evangelium Tag für Tag )”:

“Schaut euch um, liebe Brüder…: Warum gibt es so viele Wechsel und Streitigkeiten, so viel Parteien und Sekten, so viele Credos? Weil die Menschen unbefriedigt und beunruhigt sind. Und weshalb beunruhigt, jeder mit seinem Psalm, seiner Lehre, seiner Sprache, seiner Offenbarung, seiner Auslegung? Sie sind beunruhigt, weil sie noch nicht gefunden haben…; all das hat sie noch nicht in die Gegenwart Christi geführt, vor dessen Angesicht „Freude herrscht in Fülle und Wonne für alle Zeit“ (Ps 15,11). Wenn sie mit dem Brot des Lebens gespeist worden wären (Joh 6,35) und von der Honigwabe gekostet hätten, wären ihre Augen leuchtend geworden wie die Augen des Jonatan (1 Sam 14,27), und sie hätten den Retter der Menschen erkannt. Da sie aber diese unsichtbaren Dinge nicht begriffen haben, müssen sie weiter suchen und sind auf das Stimmengewirr aus der Ferne angewiesen… Der Anblick stimmt traurig: Das Volk Christi irrt auf den Hügeln ziellos umher „wie Schafe ohne Hirten“. Anstatt ihn an Orten, die er immer aufgesucht hat und in dem Haus, das er eingerichtet hat, zu suchen, schmieden sie eifrig irdische Pläne, laufen sonderbaren Führern nach, lassen sich von neuen Weltanschauungen einfangen, werden Spielball des Zufalls oder der augenblicklichen Laune und Opfer ihres eigenen Willens. Voller Angst, Ratlosigkeit, Eifersucht und Unruhe, hin und hergetrieben von jedem Widerstreit der Meinungen, dem Betrug der Menschen ausgeliefert und der Verschlagenheit, die in die Irre führt“ (Eph 4,14). All das, weil sie nicht nach dem einen Leib streben, nach dem einen Geist, nach der einen gemeinsamen Hoffnung, die durch ihre gemeinsame Berufung gegeben ist; weil sie nicht den einen Herrn, den einen Glauben, die eine Taufe, den einen Gott und Vater aller (Eph 4,5-6) suchen, um „Ruhe zu finden für ihre Seelen“ (Mt 11,29).”