Als ich gestern vom Sport nach Hause fahren wollte, sprach mich an der U-Bahnhaltestelle eine junge Frau an. Ich dachte mir das schon fast, da man an dieser Ecke öfters um Geld angebettelt wird. Sie saß da an der Treppe zusammen mit einem jungen Mann und fragte, ob ich 10 Cent hätte. Ich war schon fast an ihr vorbeigelaufen, dreht mich dennoch um und sagte "Für was denn?". Sie antwortete "Für Zigaretten". "Für Zigaretten?" sagte ich eher so vor mich hin. "Für eine Cola" korrigierte sie sich schnell, wohl aus Angst, dass ich nicht bereit wäre, ihr für Zigaretten Geld zu geben.

Jetzt war ich wieder mal in einer Situation, in der ich eigentlich nicht genau wusste, was ich tun sollte. Macht es Sinn, solchen Bettlern bzw. Schnorrern Geld zu geben? Wie sollte man da als Christ handeln? Jesus sagt an einer Stelle, dass wenn dich einer um etwas bittet, du es ihm auch geben solltest (Mat 5,42). Gut, ich glaube kaum, dass Jesus dies an dieser Stelle als allgemeine Regel verstanden wissen wollte (man muss den Zusammenhang dieser Aussage berücksichtigen). Zudem kann man ja auch sein Geld an nicht wirklich Bedürftige "verschwenden" und hat dann nichts mehr für die wirklich Notleidenden übrig, oder? Na ja, dieser Fall wird bei der Höhe meiner Spenden jedoch erstmal wohl kaum eintreten…

Diesmal entschied ich mich, der Frau etwas Geld zu geben, da ich ihr etwas Gutes tun wollte. Natürlich wusste ich, dass sie nicht wirklich Not litt und das Ganze eine übliche Schnorrermethode war. Aber ich dachte mir, dass diese Frau dennoch arm dran war mit ihrem Leben und sich über die Geste freuen würde.

Ich holte also mein Geldbeutel heraus woraufhin die Frau sagte "Haben Sie vielleicht auch 1 Euro?". Daraufhin erwiderte ich "Aha, das wird ja auf einmal immer mehr.". Ich gab ihr dann 50 Cent, einen Betrag den ich ihr mit gutem Gewissen geben konnte. Nicht zu wenig, dass sie damit gar nichts anfangen konnte, aber auch nicht zu viel, dass ich es als Geldverschwendung betrachten würde. Sie bedankte sich und ich ging weiter.

Auf dem Weg zum Bahnsteig dachte ich mir, dass es eigentlich besser gewesen wäre, wenn ich mich mit ihr noch ein wenig über sie und ihr Leben unterhalten hätte. Anteilnahme am Leben des anderen zählt doch eigentlich mehr als nur eine kleine Geldspende, die zudem meist nur aus einem gewissen Pflichtbewusstsein entspringt, oder? Schließlich ist das Geldgeben doch die einfachste Art, das "Problem" ohne schlechtes Gewissen zu lösen. Ich erinnerte mich an die Zeit in der Gemeinde in München, als ich zusammen mit Christoph beim Projekt HOPE Obdachlose auf den Straßen besucht habe, um mich mit ihnen bei Kaffee und Keksen über ihre Sorgen und Nöte zu unterhalten. Eigentlich dachte ich, sollte ich das wieder tun. Aber ohne Unterstützung von anderen Christen fällt mir sowas schon ziemlich schwer. Schließlich kostet es Mut und Kraft, ein solches spontanes persönliches Gespräch zu führen. Außerdem braucht man oft jemanden, der einem hilft, die eigene Selbstbezogenheit zu überwinden. Schließlich hatte ich eigentlich auch gar keine Lust, mir die Zeit für diese Frau zu nehmen, sondern wollte einfach nur schnell nach Hause.

Dann kam mir aber noch eine Gedanke. Wie sind denn damals die Apostel mit Bettlern umgegangen. Ich erinnerte mich an eine Begebenheit in der Bibel, in der ein gelähmter Bettler Petrus und Johannes um ein Almosen bat (Apg 3,1-9). Petrus gab dem Mann kein Geld (er hatte nämlich keines), sondern heilte ihn im Namen von Jesus Christus. Gut, ich habe offensichtlich nicht die übernatürliche Gabe des Heilens. Aber ich hätte der jungen Frau doch zumindest von Jesus erzählen können. Die 50 Cent werden ihr nicht sehr lange weiterhelfen, aber die Rettung aus der Verlorenheit der Menschheit schon.

Natürlich weiß ich nicht, ob diese Frau positiv auf das Evangelium vom Reich Gottes reagiert hätte. Aber probieren hätte ich es ja können, oder?