Bereits vor einiger Zeit bin ich auf einen hervorragenden Bibelkommentar von  Dr. Friedrich Justus Knecht (†1921) gestoßen, der eine exzellente Übersicht über die biblische Heilsgeschichte gibt und eine sehr fundierte Auslegung der Bibel bietet. Ursprünglich für Kinder bzw. Schüler geschrieben stellt er dennoch auch für Erwachsen eine sehr lesenswerte und anwendungsorientierte Einführung in die Hl. Schrift dar.

Da es diesen wertvollen “Praktischen Kommentar zur Biblischen Geschichte” nur noch antiquarisch gibt, habe ich mich vor einigen Monaten entschlossen, diesen auf meinem Bibelkommentar Blog nach und nach zu veröffentlichen (siehe Beitrag “Die Erschaffung der Welt”).

Ich werde die Fortführung dieses Projekts nun auf diesem Blog fortführen und nochmals mit den ersten Kapiteln (leicht überarbeitet und ergänzt) beginnen.

Im Folgenden werde ich den Bibelkommentar kapitelweise und mit nur sehr wenigen Überarbeitungen und Anmerkungen wiedergeben. Grundlage ist die 23./24. Auflage aus dem Jahr 1913, herausgegeben von der Herdersche Verlagshandlung, Freiburg im Breisgau.

Viele Freude beim Lesen!

Urgeschichte

Von Adam bis Abraham (ungefähr 6000-2100 vor Christus)

Ein Wort voraus. Seit Jahrtausenden steht die Tatsache fest, daß unser Gott, der nicht ein Gott kalter Abstraktion, sondern der lebendige Gott ist, sich in herablassender Liebe der Menschheit angenommen und sich ihr auf übernatürliche Weise geoffenbart hat. Diese Offenbarung ist in der Kirche und in der Heiligen Schrift niedergelegt. Und da Gott der Urheber der Heiligen Schrift ist, so ist von ihr jeglicher Irrtum, auch in profanen Dingen, ausgeschlossen. Die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift steht himmelhoch über den Hypothesen und den vielfach nur provisorischen Resultaten der „voraussetzungslosen“ Wissenschaft. Da Gott sich nicht widersprechen kann, so ist ein eigentlicher Widerspruch zwischen der natürlichen Offenbarung, dem Objekte der Wissenschaft, und der übernatürlichen Offenbarung einfach unmöglich. Wo ein solcher sich dennoch erhebt, da wird entweder als Resultat der Wissenschaft geltend gemacht, was noch keineswegs sicher und endgültig ist, oder die Heilige Schrift wird falsch verstanden. In letzterer Beziehung ist wohl zu beachten, daß die Heilige Schrift nicht beabsichtigt, uns profane Wissenschaften zu lehren, sondern uns Gotteserkenntnis und Selbsterkenntnis zu vermitteln und uns den Weg des Heiles zu zeigen. Es wäre darum verkehrt, wenn wir in den heiligen Büchern physikalische, geologische oder astronomische Belehrungen suchen wollten. Diese Dinge hat Gott dem menschlichen Forschen überlassen. Und da Gott in der Heiligen Schrift durch Menschen zu Menschen redet, läßt er sich zu deren Standpunkt herab, drückt seinen Willen durch Befehle aus, redet nach dem Augenscheine, wonach die Sonne auf und untergeht, und spricht vom Ruhen nach der Schöpfung. Was insbesondere die Schöpfungsgeschichte betrifft, so hat schon Augustinus darauf aufmerksam gemacht, daß in ihr „die Schöpfungen nicht nach der Reihenfolge der Zeit, sondern nach ihrem ursächlichen Zusammenhang aufeinander folgen“. Und der hl. Thomas v. A. erklärt geradezu: „Da Moses ein ungebildetes Volk über die Schöpfung der Welt zu belehren hatte, so hat er in Abschnitte eingeteilt, was gleichzeitig erschaffen worden ist.“ Gott hat uns das Schöpfungswerk nicht in chronologischer, sondern in logischer oder systematischer Ordnung als Werk von sechs Tagen, auf die ein Ruhetag folgt, geoffenbart, denn vor seinen Augen ,,sind 1000 Jahre wie 1 Tag” (Ps 90, 4). Und es ist dies deutlich in der Absicht geschehen, um das Gebot zu begründen, daß der Mensch 6 Tage arbeiten, am 7. Tage aber in Gott ruhen soll. Die Schöpfungsgeschichte will also keine Kosmologie geben und erwähnt, wie Thomas v. A. bemerkt nichts von dem, was vergangen ist, sondern sie zeigt die bestehende Ordnung der Welt, soweit diese für den Menschen von Bedeutung ist, und führt sie auf Gott als deren Urheber zurück. Und dies geschieht in klarer, sachlicher Gliederung, indem zuerst die Schöpfung des Himmels und der Erde im allgemeinen berichtet, alsdann in zwei dreigliedrigen Teilen das Werk der Scheidungen und das Werk der Ausschmückungen geschildert und daran die Erschaffung des Menschen und die Einsetzung des Sabbats angeschlossen werden.

Fortsetzung folgt in Teil 2 (Die Erschaffung der Welt).