Nach Teil 8 (Die Sintflut) folgt hier der Teil 9 aus dem “Praktischen Kommentar zur Biblischen Geschichte” (1913) von Dr. Friedrich Justus Knecht.

Erzählung und Erklärung

Das Wasser stand 150 Tage lang auf der Erde1. Da gedachte Gott des Noah und aller Tiere, die in der Arche waren, und ließ Wind über die Erde wehen2. Das Wasser fiel und verlief sich nach und nach, und die Arche blieb auf einem Berg in Armenien3 stehen. Bald kamen auch die Gipfel der Berge aus dem Wasser hervor.

Nach 40 Tagen öffnete Noah ein Fenster und ließ einen Raben fliegen, um zu sehen, ob das Wasser sich verlaufen habe. Der Rabe kam nicht mehr zurück4. Daraus ließ Noah eine Taube ausstiegen Diese fand nichts, worauf ihr Fuß ruhen konnte5, und kehrte in die Arche zurück. Nach 7 Tagen ließ Noah wieder eine Taube fliegen. Diese kam erst zur Abendzeit zurück und trug einen Ölzweig6 mit grünen Blättern im Schnabel. Jetzt erkannte Noah, dass die Erde trocken war. Er wartete noch 7 Tage und sandte wieder eine Taube aus. Sie kehrte nicht mehr zurück7.
Als die Erde völlig abgetrocknet war, sprach Gott zu Noah: »Geh aus der Arche mit den Deinigen und mit allen Tieren!” Noah ging heraus und mit ihm die Seinigen8 und alle Tiere. Voll Dank baute er einen Altar9 und brachte dem Herrn ein Opfer dar von allen reinen Tieren10. Der Herr hatte Wohlgefallen daran. Er ließ einen Regenbogen am Himmel erscheinen, segnete Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen: ,,Wachst und mehrt euch und erfüllt die Erde!11 Meinen Bund will ich schließen mit euch und euren Nachkommen12. Nie wieder soll eine Wasserflut die ganze Erde verwüsten. Solange die Erde steht, sollen Saat und Ernte, Sommer und Winter, Tag und Nacht nicht mehr aufhören. Meinen Bogen setze ich in die Wolken, er soll das Zeichen des Bundes sein zwischen mir und der Erde.“13 Zugleich gab Gott das Gesetz: »Wer Menschenblut vergießt dessen Blut soll vergossen werden, denn zum Bilde Gottes ist der Mensch erschaffen.«

Auslegung

Güte Gottes (46)14. Nicht bloß um den gerechten Noah und seine Familie war Gott in väterlicher Liebe besorgt, er gedachte auch der Tiere in
der Arche in rührender Güte, denn er hasst keines seiner Geschöpfe. Auch wir sollen uns der Tiere erbarmen und vor Tierquälerei uns hüten. Wer mutwillig Tiere quält, verrät ein rohes, grausames Herz.

Treue Gottes (51)15. Wie das von Gott angedrohte Strafgericht aber die sündhafte Menschheit in schrecklicher Weise eingetroffen ist, so ist ist die nach der Sintflut (Sündflut) von Gott gegebene Verheißung, dass nie mehr eine allgemeine Wasserflut die Erde verwüsten werde, seit mehr als vier Jahrtausenden in Erfüllung gegangen.

Vertrauen auf Gott. In Noah haben wir ein herrliches Beispiel des Gottvertrauens. Im lebendigen Glauben an Gottes Allgegenwart, Weisheit und Allmacht überließ sich Noah ganz und gar der Leitung der Vorsehung. Im Vertrauen auf Gott und in vollkommener Ergebung in den Willen Gottes baute er die Arche, schloss sich mit den Tieren in diese ein und verließ sie nicht eher, als bis Gott selbst ihm befahl herauszugehen. Wohl mochte ihn die Furcht überkommen: »Wie wird es mir mit den Tieren in der Arche ergehen?«, und als die Arche von der tosenden Flut hin und her geworfen wurde, wird ihm wohl der ängstliche Gedanke aufgestiegen sein: »Wie lange wird sie dem Andrang der Sturmflut widerstehen?« Aber er ließ keinen Kleinmut aufkommen, sondern vertraute felsenfest auf den Herrn und sein heiliges Wort. So soll auch uns der Glaube an die Allmacht und Weisheit des allgegenwärtigen Gottes in allen Widerwärtigkeiten mit Mut und Trost erfüllen und uns antreiben, dass wir all unser Vertrauen aus Gott setzen und mit seinen Fügungen jederzeit zufrieden seien. ,,Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe aus ihn, er wird‘s recht machen« (Ps 36, 5). Wer auf den lieben Gott vertraut, der hat auf festen Grund gebaut. Wozu soll uns der Gedanke an Gottes Allgegenwart und Allwissenheit…, an Gottes Weisheit und Allmacht antreiben? (*3816 u. *41.17)

Dankbarkeit gegenüber Gott. Warum hatte Gott Wohlgefallen am Opfer Noahs? Weil dieser es darbrachte 1. im festen Glauben an den künftigen Erlöser und 2. mit einem dankerfüllten Herzen. Das Bild (S. 9 der B. G.)

zeigt uns, wie Noah und die Seinigen um den Altar herum auf den Knien liegen und mit Inbrunst und Andacht beten. Was werden sie wohl gebetet haben? Sie haben Gott aus tiefstem Herzen gedankt und ihm aufs neue gelobt, dass sie die Sünde – welche an der schrecklichen Flut schuld war – hassen und meiden und Gott dienen wollten alle Tage ihres Lebens. Die Dankbarkeit gegen Gott ist eine heilige Pflicht der Gottesverehrung. Wann verehren wir Gott innerlich? … äußerlich (27018 u. 27619.)

Segen der Dankbarkeit. Die dankbare Gesinnung Noahs gefiel Gott dem Herrn, deshalb gab er ihm neuen Segen und gnädige Verheißungen. Indem wir Gott dem Herrn für die empfangenen Wohltaten danken, machen wir uns würdig, neue Gnaden und Wohltaten zu empfangen. Danke am letzten Sonntag des Jahres.

Über den Mord vgl. S. 45. Die Tiere darf der Mensch töten, wer aber einen Menschen absichtlich tötet, der begeht ein todeswürdige Verbrechen, und die Obrigkeit hat das Recht, einen solchen Mörder zum Tode zu verurteilen; »denn zum Bilde Gottes ist der Mensch erschaffen«, und wer einen Menschen unrechtmäßigerweise tötet, der greift in das Majestätsrecht Gottes ein, der allein Herr über Leben und Tod des Menschen ist.

Der Ölzweig, welchen die Taube in die Arche mitbrachte, deutete den in der Arche Eingeschlossenen an, dass die Verwüstung der Erde aufgehört hatte, und dass ihre Befreiung nahe war. Deshalb galten fortan die Taube und der Ölzweig als Zeichen des Friedens, der Errettung und der Freude.

Auslegung

Gewöhne dir an, bei allem Guten, das dir widerfährt, ein herzliches »Gott sei Dank« oder »Deo gratias« zusagen (z. B. wenn du etwas Gesuchtes findet – wenn eine Arbeit dir gelungen ist – wenn ein Gewitter ohne Schaden vorübergeht etc.).

Das Erste, was Noah tat, nachdem er die Arche verlassen hatte, war die Verrichtung seiner Danksagung. So soll auch dein Erstes am Morgen, wenn du vom Schlaf aufgestanden bist, die Danksagung sein. Verrichte also täglich dein Morgengebet und mache dabei gute Vorsätze!

Noah hatte seine Rettung mittels der Arche durch seine Gerechtigkeit sich verdient. Wodurch hattest du es verdient, dass Gott dich gleich nach deiner Geburt in die Rettungsarche seiner allein seligmachenden Kirche aufgenommen hat? Danke also recht oft dem lieben Gott, dass du ein Glied der wahren Kirche bist, »denn es gibt keinen größeren Schatz als den katholischen Glauben« (Augustinus).

Fortsetzung siehe Teil 10 (Die Söhne Noahs. Sein Tod).

1ohne abzunehmen (zu fallen)
2Hatte denn Gott eine Zeitlang des Noah etc. nicht gedacht, sie vergessen? Nein. Die Worte: »Gott gedachte etc.« wollen sagen: Aus Liebe (liebender Fürsorge) für Noah etc. ließ Gott Wind wehen, damit sie wieder aus der Arche, in welcher sie eingeschlossen waren, herausgehen konnten.
3Dies ist ein Hochland in Asien und liegt südlich vom Kaukasus zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meere. Der höchste Berg in diesem Lande ist der 5600m hohe Ararat im russischen Armenien) welchen die Perser den „Berg des Noah“ nennen, weil auf ihm die Arche Noah stehen blieb. Das Wasser fiel natürlich langsam; als die Gipfel der Berge aus dem Wasser hervortraten, war Noah schon 223 Tage in der Arche Es dauerte aber noch lange, bis die Erde völlig, d. h. bis zum ebenen Lande herab, trocken war.
4Warum wohl? Er fand Nahrung genug an den toten Körpern und konnte auf den Berggipfeln ausruhen; deshalb hatte er kein Verlangen nach der Gefangenschaft in der Arche.
5Weil noch Wasser aus dem Land stand
6d.h. einen Zweig vom Ölbaum. Dieser Baum wird Ölbaum genannt, weil aus seinen Früchten (den Oliven) ein feines Öl gewonnen wird. Was erkannte Noah an den grünen Blättern? Dass die Erde wenigstens an den Abhängen des Ararat, auf welchem Ölbäume wachsen) trocken war und das Wachstum begonnen hatte.
7Warum? Weil das Wasser auch in der Ebene versiegt war. Noah ging aber nicht eigenmächtig aus der Arche, sondern wartete auf den Befehl Gottes, dessen Führung er sich ganz überlassen hatte.
8Es waren mit Noah 8 Seelen. Noah war ein Jahr lang in der Arche (vgl. 1. Mos. 7, 11 und 8,14). Mit welchen Gefühlen wird er die Erde wieder betreten haben? Wohin er ging, überall war Tod und Verwüstung, ringsum kein lebendes Wesen, kein Haus, keine menschliche Wohnstätte mehr; da und dort lagen die Gebeine der Ertrunkenen umher, die Erde war ein großes Leichenfeld geworden. Trauer erfüllte sein Herz, wenn er an das schauerliche Ende der Umgekommenen dachte, und Dank, unaussprechlicher Dank stieg aus seiner Seele aus als er darüber nachdachte: Was wäre aus mir und den Meinigen geworden, wenn Gott uns nicht so gnädig behütet hätte?
9aus Steinen.
10d. h. je 1 Stück von den reinen Tieren, von welchen je sieben Paare durch die Arche gerettet worden waren.
11Weil Noah der zweite Stammvater der Menschheit werden sollte, deshalb sprach Gott über ihn und seine Söhne den gleichen Segen aus wie früher über das erste Menschenpaar.
12also mit der ganzen Menschheit.
13Der Bund ist ein Freundschaftsbund: Gott will künftig dem Menschengeschlecht gnädig sein, nie mehr soll eine allgemeine Wasserflut über die Erde kommen und der Wechsel der Jahreszeiten, welcher durch die Sintflut (Sündflut) unterbrochen war, soll nie mehr gestört werden. Der Regenbogen mit seiner siebenfarbigen Pracht soll das Zeichen dieses Bundes sein; er soll uns an die Barmherzigkeit Gottes und an das von Gott gegebene Versprechen erinnern, dass nie mehr eine allgemeine Flut die Erde verwüsten wird. Der Regenbogen, der von den Wolken zur Erde herabreicht erscheint wie ein Mittler zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und den Menschen.
14Kat.-Nr. 46: Gott ist gütig heißt: Gott ist voll Liebe gegen die Geschöpfe und erweist ihnen zahllose Wohltaten. „Gott ist die Liebe.“ (1. Joh 4,8), „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn hingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.“ (Joh 3,16)
15Kat.-Nr. 51: Gott ist treu heißt: Gott hält, was er verspricht, und erfüllt, was er androht. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ (Matth. 24,35)
16Kat.-Nr. *38: Gott ist allwissend heißt: Gott weiß alles vollkommen und von Ewigkeit her, er weiß das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige, auch unsere geheimsten Gedanken. „Gottes Augen sind viel heller als die Sonne und durchschauen die tiefsten Abgründe in dem Herzen der Menschen.“ (Sir. 23,28)
17Kat.-Nr. 41: Der Gedanke an Gottes Weisheit und Allmacht soll uns antreiben 1) unser ganzes Vertrauen auf Gott zu setzen, 2) mit seinen Fügungen allezeit zufrieden zu sein.
„Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn; er wird es recht machen.“ (Ps 36,5) Hiob, Tobias.
18Kat.-Nr. 270: Wir verehren Gott innerlich, wenn wir 1) an ihn glauben, auf ihn hoffen und ihn über alles lieben; 2) ihn anbeten, ihm danken und seinem Willen uns demütig unterwerfen. Gott anbeten heißt: ihn als den höchsten Herrn anerkennen und verherrlichen.
19Kat.-Nr. 276: Wir verehren Gott äußerlich, wenn wir unsere innere ehrfurchtsvolle Gesinnung gegenüber Gott auch durch äußere Handlungen an den Tag legen.