Nicht nur von Nichtchristen, sondern mittlerweile auch von Christen selbst wird die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Bibel bzgl. ihrer historischen Aussagen angezweifelt.

Enthält die Bibel nicht auch viele Mythen anstatt realer bzw. historisch zuverlässiger Begebenheiten? Wie ernst muss man z. B. den Schöpfungsbericht oder die Erzählung über die Sintflut nehmen?

Und was lehrt eigentlich die katholische Kirche über die Irrtumslosigkeit der Bibel? Hat nicht zuletzt das 2. Vatikanische Konzil die Irrtumslosigkeit der Bibel auf nur diejenigen Inhalte eingeschränkt, die für unser Seelenheil relevant sind, also auf Themen des Glaubens und Moral?

Im folgenden werden die wichtigsten offiziellen Aussagen der katholischen Kirche zu diesem Thema wiedergeben.

Der Katechismus der Katholischen Kirche sagt dazu:

105 Gott ist der Urheber [Autor] der Heiligen Schrift. ,,Das von Gott Geoffenbarte, das in der Heiligen Schrift schriftlich enthalten ist und vorliegt, ist unter dem Anhauch des Heiligen Geistes aufgezeichnet worden.”

,,Denn die heilige Mutter Kirche hält aufgrund apostolischen Glaubens die Bücher sowohl des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit allen ihren Teilen für heilig und kanonisch, weil sie, auf Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben, Gott zum Urheber [Autor] haben und als solche der Kirche übergeben sind” (DV 11).

106 Gott hat die menschlichen Verfasser [Autoren] der Heiligen Schrift inspiriert. ,,Zur Abfassung der Heiligen Bücher aber hat Gott Menschen erwählt, die ihm durch den Gebrauch ihrer eigenen Fähigkeiten und Kräfte dazu dienen sollten, all das und nur das, was er – in ihnen und durch sie wirksam – selbst wollte, als wahre Verfasser [Autoren] schriftlich zu überliefern” (DV 11).

107 Die inspirierten Bücher lehren die Wahrheit. ,,Da also all das, was die inspirierten Verfasser oder Hagiographen aussagen, als vom Heiligen Geist ausgesagt gelten muß, ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, daß sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte” (DV 11).

Katechismus der Katholischen Kirche (2007), II Inspiration und Wahrheit der Heiligen Schrift, 105-107

Damit wird zwar klar ausgesagt, dass die ganze Bibel vom Heiligen Geist inspiriert wurde und Gott der eigentliche Autor ist, aber inhaltlich scheint sich die Irrtumslosigkeit – so viele heutige katholische Theologen – nur auf Teile zu beziehen, die “Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte” (Zitat aus Dei Verbum, 2. Vatikanischen Konzil 1965).

Um ein klareres Bild von der katholischen Lehre zur Irrtumslosigkeit der Bibel zu erhalten, gehen wir zurück zu den ersten expliziten Äußerungen der katholischen Kirche zu diesem Thema.

Das 1. Vatikanische Konzil lehrt dazu:

Die Bücher der Heiligen Schrift des Alten und Neuen Testaments aber müssen vollständig, mit all ihren Teilen als heilige und kanonische angenommen werden, so wie sie im Dekret des eben genannten Konzils aufgezählt werden und in der alten lateinischen Ausgabe, der Vulgata, vorliegen. Wenn die Kirche sie als heilige und kanonische Bücher wertet, so geschieht das nicht deshalb, als ob diese, durch rein menschliches Bemühen zustande gekommen, durch ihre Autorität nachträglich gutgeheißen worden wären; noch auch lediglich darum, weil sie die Offenbarung irrtumslos enthalten; sondern aus dem Grund, weil sie auf Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben sind und daher Gott zum Urheber haben, und als solche der Kirche übergeben worden sind.

1. Vatikanisches Konzil (1870), De Filius 2,14 “Autorität der Schrift

Das heißt also, dass die gesamte Bibel, nicht nur das Neue Testament, sondern auch das Alte Testament, vom Heiligen Geist inspiriert ist und damit Gott selbst als Autor hat.

Papst Leo XIII. hat später aufgrund der anhaltenden Bibelkritik und der mangelnden Anerkennung der historischen Glaubwürdigkeit der Bibel ein Rundschreiben “Über das Studium der Heiligen Schrift” verfasst, aus dem die allerwichtigsten Passagen im Folgenden zitiert werden:

IV. Wie die Heilige Schrift studiert werden soll

(…)

10. (…) Früher nämlich hatte man es vornehmlich mit Leuten zu tun, welche auf ihr Privaturteil gestützt die göttlichen Überlieferungen und das Lehramt der Kirche verwarfen und die Schrift als einzige Offenbarungsquelle und als höchste Glaubensrichterin betrachteten. Heutzutage aber haben wir gegen die Rationalisten zu kämpfen, welche gewissermaßen deren Söhne und Erben sind und ebenfalls auf ihre subjektive Ansicht bauen. Sie haben sogar noch diese von ihren Vätern ererbten Überreste des christlichen Glaubens gänzlich beiseite geworfen. Denn die Existenz einer göttlichen Offenbarung, einer Inspiration und Heiligen Schrift stellen sie ganz und gar in Abrede; das sind nach ihrer Behauptung durchweg nur Erzeugnisse des Menschengeistes und Erdichtungen. Ja, sie sollen nicht wahre Erzählungen historischer Tatsachen sein, sondern einfältige Phantasiegebilde oder Geschichtslügen; nicht Prophetien und göttliche Aussprüche, sondern teils erdichtete, den Ereignissen nachfolgende Vorhersagungen, teils durch Naturkräfte erzeugte Vorahnungen; nicht Wunder im wahren Sinne und Erweise göttlicher Kraft, sondern Staunen erregende Dinge, welche die Naturkräfte keineswegs übersteigen, oder Blendwerke von Mythen; die Evangelien und apostolischen Schriften sollen ganz andern Verfassern angehören. – Dergleichen ungeheuerliche Irrtümer sind es, durch welche, wie sie sich träumen, die hochheilige Wahrheit der göttlichen Bücher erschüttert werden soll; diese nötigen sie als die ausgemachten Entscheidungen einer neuen Art, der sogenannten „freie Wissenschaft“ auf.

Rundschreiben Providentissimus Deus
Über das Studium der Heiligen Schrift (1893)
Leo XIII.

Papst Leo XIII. sagt also, dass sich die katholische Kirche zunächst mit den Protestanten auseinandersetzen musste, die das katholische Lehramt ablehnten und sich nur auf ihre eigene (persönliche) Bibelauslegung stützten. Jetzt aber, quasi als deren Nachfolger, müsse man sich gegen die sogenannten Rationalisten wehren, die den katholischen Glauben in Gefahr brächten. Dies seien Menschen, die sich genauso wie die Protestanten nur auf ihre eigenen “subjektiven” Meinungen stützen und den von den Glaubensvätern überlieferten Glauben quasi vollständig ablehnen bzw. als nicht normativ betrachten würden.

Diese Rationalisten würden die göttliche Inspiration der Bibel ablehnen und alles Übernatürliche für menschliche Erfindungen bzw. Fantasiegeschichten halten. Genauso würden sie die Autorenschaft vieler Schriften in der Bibel bezweifeln. Für sie zähle nur die “freie Wissenschaft”, bei der der Glaube der Kirche nicht maßgeblich sei.

Weiter schreibt er, dass auch wenn einige Dinge in der Bibel aufgrund deren Alters und auch weil sie göttliche “Geheimnisse” enthalte nicht einfach zu verstehen seien, man dennoch bei der Auslegung der Heiligen Schrift nicht einfach (oder zu vorschnell) vom wörtlichen Sinne abweichen solle:

V. Die Heilige Schrift und die Theologie;
die Interpretation; die Väter

14 (…) Hierbei ist jedoch wohl darauf zu achten, dass bei den heiligen Büchern zu den übrigen Ursachen der Schwierigkeit, welche sich gewöhnlich dem Verständnisse des alten Schrifttums jeder Art entgegenstellen, noch einige besondere hinzukommen. Denn den Worten derselben liegen infolge Eingebung des Heiligen Geistes viele Dinge zu Grunde, welche die Fassungskraft und Schärfe der menschlichen Vernunft himmelweit übersteigen, nämlich göttliche Geheimnisse und vieles andere, was damit zusammenhängt; ja zuweilen ist ein Gedanke zu umfassend und zu verborgen, als dass ihn der Buchstabe ausdrücken könnte und die Gesetze der Hermeneutik ihn erraten ließen. Zugleich erweckt der Wortsinn sicherlich noch andere Gedanken, teils um Glaubenssätze zu beleuchten, teils um Lebensvorschriften zu empfehlen. Demnach ist nicht zu verkennen, dass die heiligen Bücher in ein gewisses religiöses Dunkel eingehüllt sind, so dass man ihnen nur unter Führung eines Wegmeisters vordringen kann[31]. Dieses aber geschah durch göttliche Fügung (das ist nämlich die allverbreitete Ansicht der heiligen Väter), damit man sie mit größerem Verlangen und Eifer durchforschte und die daraus mit Mühe entnommenen Dinge tiefer in Geist und Herz einpräge. (…)

15 Doch soll er deshalb nicht wähnen, dass ihm der Weg verlegt sei, in der Forschung und Erklärung, wo eine gerechte Ursache vorhanden ist, noch weiter zu gehen, wenn er nur den von Augustinus wohlweislich gegebenen Vorschrift gewissenhaft nachkommt, dass man nämlich von dem Literalsinn, der sich gewissermaßen aufdrängt, keineswegs abgehen dürfe, sofern nicht ein Vernunftgrund sein Festhalten hindert oder nicht zwingende Notwendigkeit vorliegt, ihn preiszugeben[39]

Rundschreiben Providentissimus Deus
Über das Studium der Heiligen Schrift (1893)
Leo XIII.

Papst Leo XIII. geht danach auf die Bibelkritik ein, die dazu neige, lediglich den eigenen Vorlieben bzw. der eigenen vorgefassten Meinungen zu folgen:

VI. Die Autorität der Heiligen Schrift;
die „höhere Kritik“

17. (…) Gerade jene viel gepriesene höhere Kritik wird endlich dahin aufschlagen, dass ein jeder bei dem Auslegungsgeschäfte seiner eigenen Neigung und vorgefassten Meinung folgt. Bei diesem Verfahren wird sich weder über die Schriften das gesuchte Licht verbreiten noch ein Nutzen für die Wissenschaft erwachsen; wohl aber jenes sichere Merkmal des Irrtums zu Tage treten, welches das ist die Mannigfaltigkeit der Meinungen und die Verschiedenheit der Auffassung, und wirklich bieten bereits die Väter dieser neuen Methode selbst dieses Schauspiel. Weil ferner die meisten von den Lehrsätzen einer falschen Philosophie und des Rationalismus angesteckt sind, werden sie sich nicht scheuen, aus den heiligen Büchern die Weissagungen, die Wunder und alles Übernatürliche zu beseitigen. (…)

Rundschreiben Providentissimus Deus
Über das Studium der Heiligen Schrift (1893)
Leo XIII.

Weiterhin kritisiert der Papst, dass viele Naturwissenschaftler ihre Fachkenntnisse missbrauchen, um die Bibel zu diskreditieren. Stattdessen sei bei (scheinbaren) Widersprüchen zwischen Naturwissenschaft und der biblischen Aussagen zu zeigen, dass entweder die Bibel falsch verstanden wurde oder dass die naturwissenschaftlichen Aussagen nicht stichhaltig wären:

VII. Die physikalische Wissenschaft

18 Gehen wir zum zweiten Punkte über, so hat man den Kampf mit Leuten aufzunehmen, welche unter Missbrauch ihrer Kenntnisse in der physikalischen Wissenschaft die heiligen Bücher nach allen Richtungen durchspähen, um den Verfassern Unwissenheit in solchen Dingen vorzuwerfen und die Schriften selbst zu tadeln. Da nun diese Verdächtigungen sinnfällige Dinge betreffen, werden sie desto gefährlicher, wenn sie zur Kenntnis des Volkes und besonders der studierenden Jugend gelangen. Ja wirklich, wenn diese einmal die Ehrfurcht vor der göttlichen Offenbarung in einem einzigen Hauptpunkte verloren hat, wird sie leicht in allen Stücken allen Glauben an dieselbe verlieren. Allzu bekannt ist es ja, dass die Naturwissenschaften, so sehr sie sich bei angemessenem Vortrage dazu eignen, die den Geschöpfen eingeprägte Herrlichkeit des höchsten Werkmeisters erkennen zu lassen, ebenso mächtig sind, die Grundlehren der gesunden Philosophie auszurotten und die Sitten zu verderben, falls sie auf verkehrte Art in die zarten Gemüter eingesenkt werden. Deshalb wird für den Lehrer der Heiligen Schrift die Kenntnis der Naturwissenschaften ein gutes Hilfsmittel sein, um dadurch auch derartige gegen die göttlichen Bücher gerichteten Trugschlüsse leichter zu entlarven und zu widerlegen. – Sicherlich wird zwischen dem Theologen und Naturforscher kein wahrer Zwiespalt eintreten, wenn nur beide sich auf ihr Grenzgebiet beschränken, indem sie nach der Mahnung des heiligen Augustinus sich davor hüten, „dass sie etwas ohne Grund behaupten und das Unbekannte als bekannt ausgeben“[50]. Wenn sie aber verschiedener Ansicht sind, hat derselbe Lehrer für das Verhalten des Theologen die allgemeine Regel aufgestellt: „In allen Fällen, wo die Gelehrten ihre Behauptungen über die Natur der Dinge durch stichhaltige Gründe beweisen können, wollen wir zeigen, dass dieselben mit den Lehren der Heiligen Schrift nicht in Widerspruch stehen. So oft sie aber in irgend einem ihrer Werke eine unseren Schriften, d.h. dem katholischen Glauben widersprechende Behauptung, vorbringen, wollen wir, wenn dies irgendwie möglich ist, zeigen oder ohne allen Zweifel glauben, dass es grundfalsch ist.“[51] (…)

Rundschreiben Providentissimus Deus
Über das Studium der Heiligen Schrift (1893)
Leo XIII.

Papst Leo XIII. weist zudem eindrücklich darauf hin, dass die Inspiration der Bibel durch den Heiligen Geist nicht nur auf einige Teile der Bibel beschränkt werden darf und man nicht behaupten dürfe, dass sich die Verfasser der jeweiligen Schriften geirrt hätten. Denn wenn Gott selbst der eigentliche Autor der Heiligen Schrift sei, könne diese kein Irrtum beinhalten, da ja Gott unfehlbar sei:

VIII. Die Unvereinbarkeit der Inspiration mit dem Irrtum

20. (…) Doch bei alldem wäre es durchaus frevelhaft, die Inspiration nur auf einige Teile der Heiligen Schrift zu beschränken, oder zuzugeben, dass der heilige Verfasser selbst geirrt habe. Denn auch das Verfahren jener Männer ist nicht zulässig, welche diese Schwierigkeiten dadurch überwinden, indem sie ohne Anstand zugeben, dass die göttliche Inspiration sich auf weiter nichts als auf Gegenstände des Glaubens und der Sitten beschränke, weil sie von der falschen Ansicht befangen sind, wenn es sich um die Wahrheit der Lehren handelt, sei nicht so sehr zu erforschen, was Gott gesagt habe, als vielmehr zu erwägen, warum er es gesagt habe. Denn die Bücher allesamt und vollständig, welche die Kirche als heilige und Kanonische anerkennt, mit all ihren Teilen sind unter Eingebung des Heiligen Geistes verfasst. Aber weit entfernt, dass bei der göttlichen Inspiration ein Irrtum unterlaufen könne, schließt sie schon an und für sich nicht bloß jeden Irrtum aus, sondern schließt ihn als verwerflich ebenso notwendig aus, als es notwendig ist, dass Gott, die höchste Wahrheit, überhaupt nicht Urheber einer Irrtums ist. – Das ist der alte und beständige Glaube der Kirche, wie er auch durch feierliche Erklärung der Konzilien zu Florenz und Trient ausgesprochen, zuletzt bekräftigt und noch deutlicher erklärt worden ist auf dem Vatikanischen Konzil, (…)

Rundschreiben Providentissimus Deus
Über das Studium der Heiligen Schrift (1893)
Leo XIII.

Genauso bestätigt Papst Pius Xll. im Jahr 1950 – genauso wie die Päpste Leo XIII. und Benedikt XV. vorher, dass sich die geglaubte Unfehlbarkeit der Bibel nicht nur auf Fragen der Moral und des Glaubens beziehen würden und dass bei der Auslegung der Bibel die Kirchenväter und das katholische Lehramt zu beachten seien und der wörtliche Schriftsinn nicht einfach eigenmächtig aufgegeben werden dürfe:

5. Missverstandene Auslegung der Heiligen Schrift

22 Kehren wir zu den neuen Ansichten zurück, die oben berührt wurden. Mehrere Dinge werden von einigen vorgetragen und den Herzen eingeflößt zum Schaden der göttlichen Autorität der Heiligen Schrift. Sie verdrehen kühn den Sinn der Definition des Vatikanischen Konzils über Gott als den Urheber der Heiligen Schrift und erneuern den bereits öfters verworfenen Satz, nach dem sich die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift nur auf die Gegenstände bezieht, die über Gott, und Fragen der Moral und der Religion handeln. In falscher Weise sprechen sie über einen menschlichen Sinn der heiligen Bücher, unter dem nach ihrer Exklärung der göttliche Sinn verborgen liege. Bei der Auslegung der Heiligen Schrift wollen sie der Analogie des Glaubens und der ”Überlieferung” keine Rechnung tragen, so dass mehr die Lehre der heiligen Väter und des kirchlichen Lehramtes zu messen sei nach der Heiligen Schrift – die von den Exegeten in rein menschlicher Weise erklärt werden müsse –, als die Heilige Schrift zu erklären: sei nach dem Sinn der Kirche, die aber von Christus dem Herrn als Hüterin und Erklärerin des ganzen von Gott offenbarten Glaubensschatzes aufgestellt ist.

23 Außerdem müsste der wörtliche Sinn der Heiligen Schrift und ihre Auslegung, die von so vielen und so großen Exegeten unter der Aufsicht der Kirche ausgearbeitet wurde, nach ihrer falschen Ansicht einer neuen Schrifterklärung weichen, die sie die symbolische oder geistige nennen; nach dieser Exegese würden endlich einmal die Bücher des Alten Testamentes, die heute wie ein verschlossener Brunnen in der Kirche verborgen lägen, allen geöffnet werden. Auf die gleiche Weise, so behaupten sie, verschwinden alle Schwierigkeiten, die nur für solche ein Hindernis bilden, die am wörtlichen Sinn der Heiligen Schrift festhalten.

24 Jeder sieht, wie sich alle diese Ansichten von den Grundsätzen und Normen der Schrifterklärung entfernen, die mit Recht aufgestellt wurden von Unseren Vorgängern sel. Angedenkens, Leo XIII. in der Enzyklika ”Providentissimus”, von Benedikt XV. in der Enzyklika ”Spiritus Paraclitus” und von Uns selbst in der Enzyklika „Divino afflante spiritu”.

Enzyklika “Humani generis”
über einige falsche Ansichten, die die Grundlagen der katholischen Lehre zu untergraben drohen (12. August 1950)

Was macht man jedoch, wenn die Bibel scheinbar logische, historische oder naturwissenschaftliche Widersprüchen enthält?

Darauf antwortete bereits der Kirchenvater Augustinus (354-430) in einem Brief an den Bibelgelehrten Hieronymus:

(…) nur den Büchern der Heiligen Schrift, die als kanonische anerkannt sind, habe ich gelernt, eine solche Ehrfurcht zu erweisen, daß ich felsenfest glaube, keiner ihrer Verfasser sei bei der Abfassung in einem Irrtum gewesen. Und wenn ich in ihnen auf eine Stelle stoße, die mir mit der Wahrheit nicht übereinzustimmen scheint, so zweifle ich keinen Augenblick, daß entweder die Abschrift fehlerhaft ist oder daß der Übersetzer den Gedanken des Originals nicht genau ausgedrückt hat oder daß ich die Sache nicht verstanden habe.

Augustinus, Briefe 82,2

Und was das konkret für die Schöpfungsgeschichte und die Evolutionstheorie bedeutet, wird in einem Folgebeitrag behandelt (siehe bis dahin auch Evolution oder Schöpfung?)

Literatur: Catholic Bible Dictionary, Inspiration, Scott Hahn, 2009)