Nach Teil 4 (Die Erschaffung des Menschen. Das Paradies) folgt hier der erste Teil von Teil 5 zum “Praktischen Kommentar zur Biblischen Geschichte” (1913) von Dr. Friedrich Justus Knecht.

Der Sündenfall. Die Verheißung des Erlösers. (Gen 3,1-13)

1. Teil

In dieser Geschichte wird erzählt,

1. wie die ersten Menschen in die Sünde gefallen sind und

2. wie Gott den Erlöser versprochen und die Sünde bestraft hat.

Wir nehmen heute nur die erste Hälfte durch, nämlich den Sündenfall.

Erzählung und Erklärung

Voll Neid1 schaute der Teufel auf das Glück der Menschen2. Um sie zu verführen, bediente er sich der Schlange3. Diese war listiger als alle Tiere der Erde und sprach4 zur Frau: „Warum hat euch Gott geboten5, nicht von allen Bäumen des Gartens zu essen?“. Die Frau antwortete: „Wir essen von den Früchten der Bäume des Gartens; aber von der Frucht dieses Baumes, der in der Mitte steht, hat uns Gott verboten zu essen und ihn anzurühren6, damit wir nicht etwa sterben.“7 Die Schlange sprach: „Keineswegs werdet ihr sterben, wenn ihr davon esst8; vielmehr9 werden euch die Augen10 aufgehen, ihr werdet Gott gleich11 sein und das Gute und das Böse erkennen.“12 Nun sah die Frau, dass die Frucht schön sei zum Anschauen und gut zum Essen. Sie nahm davon und aß, dann gab sie ihrem Mann, und er aß auch13.

Jetzt gingen ihnen die Augen14, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Voll Scham fügten sie Feigenblätter zusammen und machten sich Schürzen daraus. Und als sie die Stimme Gottes hörten, versteckten sie sich unter den Bäumen des Gartens15. Gott der Herr aber rief: „Adam, wo bist du?“16 Adam antwortete: „Ich fürchte mich vor dir, weil ich nackt bin17, und habe mich versteckt.“ Gott sprach: „Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Nicht wahr, du hast vom verbotenen Baum gegessen?“18 Adam erwiderte: „Die Frau, die du mir beigesellt hast, gab mir davon, und ich aß.“ Da sprach Gott zur Frau: „Warum hast du das getan?“ Eva antwortete: „Die Schlange hat mich betrogen19, und ich aß.“

Auslegung

Die Sünde. Adam und Eva haben das Gebot Gottes übertreten. Sie sind freilich dazu verführt worden; aber hat denn der Teufel die Eva gezwungen, von dem verbotenen Baum zu essen? Oder hat Eva den Adam genötigt?… Also haben beide es freiwillig getan; sie haben freiwillig das Gebot Gottes übertreten, obwohl die Stimme des Gewissens sie innerlich warnte.

Wodurch werden wir innerlich vor der Sünde gewarnt? (398.)20 Was begeht man, wenn man freiwillig das Gebot (oder Gesetz) Gottes übertritt? Was ist die Sünde? (397.)21

Auf wie vielerlei Weise kann man sündigen? (399.)22 Zuerst hat Eva in (durch) Gedanken gesündigt. Was hat sie gedacht? Ja, sie hat gezweifelt, ob es auch wahr sei, dass sie des Todes sterben würden, wenn sie etc., und ob Gott es auch wirklich gut mit ihnen meine. Sie hat also an Gottes Wahrhaftigkeit und Güte gezweifelt. Hat sie auch durch Begierde gesündigt? Wieso? Sie hat 1. begehrt (im Herzen verlangt), Gott gleich zu werden (das war hoffärtiges/hochmütiges Begehren oder eine Begierde der Hoffart/Hochmut); 2. hat sie begehrt, von der Frucht zu essen, weil sie meinte, diese müsse gar gut schmecken (das war eine Begierde des Leibes, ein sinnliches Gelüste oder eine Fleischeslust). Weil sie der bösen Begierde nachgab, sie nicht unterdrückte, so geschah dann auch die Sünde im Werke: nachdem ihr Auge gelüstet und ihr Herz begehrt hatte, streckte sie die Hand aus, berührte, nahm und aß. Hat Eva nicht auch durch Worte gesündigt? Doch, sie hat einen Glaubenszweifel ausgesprochen („nicht etwa sterben“) und hat dem Adam zugeredet, ebenfalls von der verbotenen Frucht zu essen. Welche Sünde begingen sie (die Stammeltern)? (92.)23

War ihre Sünde eine schwere Sünde? Wann begeht man eine Todsünde? Welche Stücke gehören also zu einer Todsünde? (401f.)24 Haben nun die Stammeltern das göttliche Gesetz

1. in einer wichtigen Sache übertreten? Ja, denn a) war das Verbot, vom Baum der Erkenntnis zu essen, das einzige Gesetz, welches Gott ihnen gegeben hatte; b) hing von dessen Beobachtung das Glück der Stammeltern und ihren Nachkommen ab; deshalb hatte Gott ihnen die Todesstrafe angedroht, wenn sie etc.

2. Hatten sie auch eine klare Erkenntnis des Bösen, welches sie taten? Ja, denn sie wussten genau, dass sie dadurch das klare und bestimmte Verbot Gottes übertraten.

3. Haben sie mit voller Einwilligung das Verbot übertreten? (s. oben) Ihre Sünde war also eine Todsünde, und zwar eine sehr schwere. Warum war es eine sehr schwere Sünde? a) Weil sie nicht bloß eine einfache, sondern eine mehrfache Sünde war. Ihre Sünde war ein Ungehorsam gegen das klare und leichte Gebot Gottes. Zu dieser Empörung gegen Gott hat sie der Stolz verleitet, das Verlangen, aus eigenen Kräften und gegen Gottes Ordnung höhere Erkenntnis zu erlangen, selbstherrlich und soweit möglich Gott gleich zu werden. Zugleich sündigten sie durch Glaubenszweifel, durch unordentliche sinnliche Begierde und durch großen Undank. Gott hatte ihnen so viel Gutes getan (was? Was noch?), er war so liebreich und freigebig (großzügig) gegen sie; dafür waren sie ihm großen Dank schuldig, aber statt dessen beleidigten sie Gott schwer, machten sich also eines schändlichen Undankes schuldig. b) Weil sie das Gebot so leicht hätten halten können (warum?). c) Weil sie mit hoher Erkenntnis begabt waren und die unendliche Liebe, Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes viel besser erkannten als wir.

Die Folgen ihrer Sünde waren sehr schlimm. Der Teufel hatte ihnen vorgegeben, sie würden erhöht werden und Gott gleich sein; aber gerade das Gegenteil ist eingetreten. Sie sind nicht gestiegen, sondern gefallen, nicht mehr geworden, sondern weniger. Sie waren nun Gott viel weniger ähnlich als vorher, weil sie die übernatürlichen Gaben – besonders die heiligmachende Gnade – verloren hatten. Sie waren nicht mehr Kinder Gottes und Erben des Himmels (denn sie hatten sich durch ihre große Sünde von Gott losgesagt), sondern sie waren Kinder des Teufels und Erben der Hölle geworden. Haben sie auch die natürlichen Gaben, welche sie Gott ähnlich machten, verloren? Warum nicht?… Diese gaben sind also durch die Sünde nicht verloren gegangen, aber sie sind verdorben worden. Ihre Vernunft wurde verfinstert, so dass sie das Rechte nicht mehr so gut wie vorher erkannten. Woraus sehen wir das? (Daraus, dass sie sich törichterweise/einfältigerweise vor Gott verstecken wollten.) Und ihr Herz und Wille war jetzt vom Bösen angesteckt, es regten sich sündhafte Neigungen in ihrem Herzen; deshalb schämten sie sich und bedeckten ihren Leib. Sie hatten sich gegen Got aufgelehnt,nun lehnten sich ihre nideren Triebe gegen die höheren, gegen Vernunft und Gewissen auf. Ihr Glück war dahin; sie waren wohl noch im Paradies, und das Paradies war so schön wie vorher, aber sie fühlten sich doch ganz unglücklich, denn sie hatten jetzt ein böses (schlechtes) Gewissen und waren voll Unruhe und Angst. „Trübsal und Angst kommt über eines jeden Menschen Seele, der Böses tut“ (Röm 2,0). Wahrhaft glücklich kann nur der Mensch sein, welcher ein gutes Gewissen, den Frieden Gottes im Herzen hat. Alle Güter der Welt können den Menschen nicht glücklich machen, wenn ihm der innere Friede fehlt. Ein gutes Gewissen – ist das beste Ruhekissen.

Die Erbsünde. Die Sünde der Stammeltern hat nicht nur ihnen selbst, sondern auch ihren Nachkommen geschadet. Sie haben ja die übernatürlichen Gaben nicht bloß für sich, sondern auch für ihre Nachkommen (Kinder, Enkel, Urenkel etc.) empfangen. Hätten Adam und Eva sie bewahrt, so hätten auch ihre Nachkommen sie erhalten (geerbt) und wären im Stande der Gnade auf die Welt gekommen. Weil aber die Stammeltern gesündigt haben, also nicht mehr im Stande der Gnade, sondern der Ungnade waren, deshalb ist auch ihre Sündhaftigkeit auf ihre Nachkommen übergegangen, so dass jetzt alle Menschen als Sünder zur Welt kommen.

Haben unsere Stammeltern das Ebenbild Gottes bewahrt? Etc. (91ff.) Welche bösen Folgen sind mit der Erbsünde auf alle Menschen übergegangen? (*97.) Lied: Nach der Eltern Fall – traf der Fluch uns alle etc. (Psält. 83.)

Gott ist gütig. Nach dem Fall flohen die Stammeltern vor Gott und hätten sich immer weiter entfernt und der Hoffnungslosigkeit überlassen, wenn nicht Gott in seiner unbegrenzten Liebe ihnen nachgegangen wäre und sie gerufen und gesucht hätte, wie eine liebevolle Mutter ihr verlorenes Kind. Gott hat sich trotz ihrer Beleidigung nicht von ihnen abgewandt und sie nicht sich selbst überlassen, sondern sich liebevoll ihrer angenommen.

Sündenbekenntnis. Durch seine Fragen wollte Gott die gefallenen Stammeltern zur Erkenntnis und zum Bekenntnis ihrer Schuld veranlassen. Adam und Eva bekannten zwar ihre Sünde, suchten sich aber zu entschuldigen. Das war ein Zeichen mangelhafter Erkenntnis und ungenügender Reue, denn wer seine Schuld recht bereut, der bekennt sie auch aufrichtig. Erst durch die Strafen und die schlimmen Folgen ihrer Sünde lernten die Stammeltern ihre Schuld recht erkennen und bereuen.

Der Teufel und sein Anhang sind voll Hass und Neid gegen uns. Wie sind die bösen Geister gegen uns gesinnt? Was sollen wir gegen die Nachstellungen der bösen Geister tun? (80f.)

Abstinenz. Das erste Gebot, das Gott dem Menschen gegeben hat, war ein Fasten- bzw. Abstinenzgebot. Was sollten sie nicht essen? Ja, war die Frucht giftig? Oder ungesund? Hat sie ihnen geschadet? Nein, geschadet hat ihnen ihr Ungehorsam, denn dieser war eine schwere Sünde. Gebot der Abstinenz am Freitag.

Die Ursünde. Die Sünde Satans und der ersten Menschen bestand nicht darin, dass sie absolute Gleichheit mit Gott anstrebten, denn solcher Wahnsinn ist nur bei bereits gefallenen Vernunftwesen möglich. Und ihr Streben nach möglichst großer Ähnlichkeit mit Gott und nach hoher Erkenntnis war an sich nicht sündhaft, liegt vielmehr in der ewigen Bestimmung der vernünftigen Geschöpfe. Wir sollen ja Gott möglichst ähnlich werden in Erkenntnis, Güte und Heiligkeit! Ihre Sünde bestand vielmehr darin, dass sie diese hohen geistigen Güter gegen Gottes Ordnung, auf dem Wege auf dem Wege der Abwendung von Gott, also nicht nach Gottes Willen und durch Gottes Gnade, sondern nach ihrem eigenen Willen und durch eigene Kraft erstrebten. Sie wollten aus eigener Kraft und zu hoch fliegen, darum sind sie so tief gefallen. Selbstherrlichkeit, sich selbst genügender Stolz war und ist die tiefste Wurzel der Sünde, wie bei den gefallenen Engeln, so auch bei den sündigenden Menschen.Und die Erlösung von der Sünde wurde vollbracht durch die unendliche Selbsterniedrigung des Gottessohnes, der Mensch und gehorsam geworden ist bis zum Tod am Kreuz.

Satanische Sprache. Die Widersacher Gottes flüstern den Opfern ihrer Verführungskunst noch immer zu: „Tu es nur, obschon es verboten ist. Du wirst ungeahnte Freude und Lust haben und glücklich sein. Die Religion und die Kirche wollen dich bevormunden; glaube ihnen nicht, sage dich los von ihnen und du wirst hohe Erkenntnis erlangen, frei und aufgeklärt werden.“ Ist das nicht die Sprache der Schlange im Paradies?

Auch Christus, der zweite Adam, ist vom Teufel versucht worden, hat aber die dreifache Versuchung überwunden und uns die Gnade verdient, ebenfalls den Versuchungen zu widerstehen und zu überwinden. Siehe Nr. 12 des N.T.

Anwendung

Durch Lügen hat der Teufel die ersten Menschen zur Sünde verführt. Darum sagt auch der göttliche Heiland: „Der Teufel ist ein Lügner und der Vater der Lüge“ (Joh 8,44). Er ist der Vater, d.h. der Urheber der Lüge, denn er hat zuerst gelogen. Hast du ihm auch schon nachgemacht? Hasse das Lügen, denn es ist teuflisch! Gib dich nicht mit Lügen ab, sonst wirst du ein Kind des Teufels! Gott ist die Wahrheit, er will und liebt nur die Wahrheit; willst du ein Kind Gottes sein, so bleibe stets bei der Wahrheit!

Du denkst vielleicht, du hättest dich nicht verführen lassen, wenn du an Evas Stelle gewesen wärst, aber prüfe dich einmal: Hast du noch nie Verbotenes (Zucker, Äpfel, Milch etc.) genommen? Hat dir Gott das Naschen und Stehlen nicht ebenso verboten wie den ersten Menschen die Frucht vom Baum der Erkenntnis? Und hat dir Gott in der heiligen Taufe nicht ebenfalls die heiligmachende Gnade gegeben? Hat er dich nicht in das Paradies seiner heiligen Kirche gesetzt, damit du heilig lebst und dir das himmlische Paradies verdienst? Hast du nicht durch den Unterricht im Glauben hohe Erkenntnis erlangt, so dass du wohl weißt, was Recht und Unrecht ist? Wenn du also dennoch Gottes Gebot übertrittst, so bist du so wenig zu entschuldigen wie Eva. Hüte dich also vor der Sünde und nimm dir fest vor, das du freiwillig Gott nicht mehr beleidigen willst.

Die Versuchung Eva kam von außen. Auch wir haben, so lange wir leben allerlei Versuchungen zu bestehen. Diese kommen teils von außen (durch schlechte Kameraden, böse Gelegenheiten etc.), teils von innen durch unsere bösen Neigungen (zum Zorn, zur Trägheit, zum Eigensinn etc.) oder durch Einflüsterungen des bösen Feindes (d.h.?). Evas Fall soll uns zur Warnung dienen, damit wir uns nicht zur Sünde verführen lassen. Wäre Eva vom verbotenen Baum weggeblieben, so hätte sie nicht gesündigt. Bleib also weg von bösen Kameraden, von sündhaften Lustbarkeiten, sonst läufst du der Sünde entgegen! Kommt dir ein böser Gedanke, so halte dich nicht darin auf, sondern schlage dir ihn gleich aus dem Sinn, sonst entsteht aus dem bösen Gedanken die böse Begierde. Will der Verführer oder deine eigene Leidenschaft dir einflüstern: „Du wirst nicht sterben – es wird keine so große Sünde sein – Gott wird es nicht so genau nehmen“, o so denke gleich an die Gegenwart des heiligen und gerechten Gottes, welcher durch die Sünde beleidigt und verachtet wird, und erinnere dich, dass die Sünde das größte Übel ist! Besonders hüte dich vor sündhafter Neugierde. Wer neugierig (vorwitzig) ist, alles sehen und hören will und seine Augen und Ohren nicht verschließt, wenn er etwas Böses sieht oder hört, der wird bald ein verdorbenes Herz haben und seine Unschuld verlieren. Bete oft und andächtig: Führe uns nicht in Versuchung, d.h.: Lieber Gott, wende die Versuchungen zum Bösen von mir ab und gib mir Gnade, den unvermeidlichen Versuchungen standhaft zu widerstehen!

1oder Missgunst (nicht zu verwechseln mit Zorn!)

2Auf welches Glück? Erstens beneidete er sie um das Glück, welches sie schon im Paradies besaßen. Er beneidete sie aber zweitens noch um ein größeres Glück; um welches? Ja, es erfüllte ihn mit Neid und Hass, dass die Menschen die ewige Glückseligkeit erlangen sollten, die er selbst für immer verloren hatte.

3d.h. er gebrauchte die Schlange, indem er sich in dieselbe versteckte und aus ihr heraus zur Frau redete. Zu was wollte er die Menschen verführen? Und warum bediente er sich gerade der Schlange? Weil Gott ihm kein anderes Werkzeug erlaubte als die Schlange. Diese wird das listigste Tier genannt im Hinblick auf den Teufel, der aus ihr sprach.

4Wer sprach aus der Schlange?

5Der Teufel hat seine Absicht nicht gleich merken lassen, er hat nicht gleich herausgesagt: „Esst nur davon“, sondern ganz listig fragt er zuerst: „Warum etc.?“, damit Eva zweifeln und nachgrübeln sollte, ob auch das Verbot, vom Baum der Erkenntnis zu essen, ein rechtmäßiges sei, und ob Gott es wirklich auch gut mit ihnen meine. Eva wusste wohl, dass eine gewöhnliche Schlange keine Vernunft hat und nicht reden kann; sie musste also gleich merken, dass ein anderes Wesen (ein Geist) aus der Schlange redete; sie hätte auch merken können, dass kein guter Geiste aus der Schlage redete, denn ein guter Geist (ein Engel) fragt nicht: „Warum will es Gott der Herr so haben und nicht anders?“, weil er fest überzeugt ist, dass es so am besten ist, wie Gott es angeordnet hat. Was hätte Eva nun tun sollen? Sie hätte entweder gar keine Antwort geben und fliehen sollen, oder sie hätte sagen sollen: Gott will es so haben; ich frage nicht, warum, denn Gott weiß am besten, was für uns gut ist. Stattdessen aber hat sich Eva mit der Schlange in ein Gespräch eingelassen, und dadurch hatte der Teufel sein Spiel schon halb gewonnen.

6Warum wohl? Damit sie nicht in Versuchung kommen sollten, davon zu essen. Sie sollten die Gelegenheit zur Sünde meiden.

7In diesem Satz ist ein ganz auffallendes Wörtchen, nämlich welches? „Etwa“ ist soviel als vielleicht. Hat denn Gott gesagt: „Sonst müsst ihr vielleicht sterben?“ Man sieht also aus der Antwort Evas, dass diese schon halb gezweifelt hat, ob die Drohung Gottes („sobald du davon isst etc.“) ernst gemeint sei. Sie kennt das Verbot und dessen Zweck und die auf die Übertretung angesetzte Strafe und denkt daran, aber sie fürchtet weniger die Sünde als die Strafe und fängt an zu zweifeln.

8Jetzt ist der Teufel frecher geworden und sagt das gerade Gegenteil von dem, was Gott gesagt hatte. Er stellt also Gott den Herrn als einen Lügner hin!

9d.h. im Gegenteil.

10nämlich die Augen des Geistes. Ein zweideutiges, täuschendes Wort! Waren denn ihre Augen bisher geschlossen? Nein, Adam und Eva besaßen hohe Erkenntnis, nur von der Sünde wussten sie aus eigener Erfahrung nichts, und das war ja ihr Glück. Jetzt machte ihnen der Teufel Aussicht, sie würden eine höhere Erkenntnis erlangen, das Gute und das Böse erkennen; dadurch wollte er sündhafte Neugierde (Vorwitz) in ihnen erregen.

11Durch diese Lüge will Satan ihr Herz hochmütig machen. Er stellt Gott den Herrn als einen Lügner dar, der ihnen nicht aus Liebe das Verbot gegeben habe, sondern aus Selbstsucht und Missgunst, damit sie nicht ihm selbst gleich würden. Er will somit der Eva den Glauben an die Wahrhaftigkeit und an die Liebe Gottes aus dem Herzen reißen und Misstrauen gegen Gott, Hoffart (Stolz) und sündhafte Neugierde in ihr erwecken. Leider ist ihm sein Anschlag gelungen. Anstatt sich über die gotteslästerliche Rede Satans zu entsetzen, fand Eva Freude an dem, was der Teufel ihnen in Aussicht stellte; sie ließ hoffärtiges (stolzes) Verlangen und sündhafte Neugierde in ihrem Herzen aufkommen, und jetzt kam ihr die Frucht „schön und gut“ vor, weil deren Genuss so viel versprach. Und da sie sich innerlich bereits von Gott abgewandt hatte, so erwachte in ihr sinnliche Begierde: Sie bekam Gelüste nach der verbotenen Frucht, nahm davon und aß. Dann verführte sie auch den Adam, dass er ebenfalls aß.

12d.h. ihr werdet unabhängig von Gott, selbst erkennen und bestimmen, was für euch gut oder böse ist. Sehr schlau benützt Satan den Namen, den Gott selbst dem Baum („der Erkenntnis“) gegeben hat, um seine trügerische Verheißung glaubwürdig zu machen. „Gott selbst hat ihn ja – so will er sagen – Baum der Erkenntnis genannt, also nehmt nur von seiner Frucht, und ihr werdet hohe Erkenntnis erlangen.“

13denn er wollte nicht furchtsamer erscheinen als Eva, die noch lebend vor ihm stand, obschon sie die verbotene Frucht gekostet hatte.

14des Geistes auf, aber nicht so, wie sie gemeint hatten. Sie erkannten, dass, dass sie betrogen waren, dass sie sich schwer versündigt, ihre Unschuld verloren und Strafe verdient hatten. Der verbotene Baum war für sie wirklich der Baum der Erkenntnis geworden, aber diese Erkenntnis brachte ihnen keine Freude, sondern nur Unruhe, Angst und Unglück. Und weil sie ihre Unschuld verloren hatten, so schämten sie sich ihrer Nacktheit und bedeckten ihren Leib mit Feigenblättern.

15Vorher war es ihre höchste Freude, wenn Gott sich herabließ, mit ihnen zu sprechen; jetzt zittern sie, da Gott ihnen, und voll Verwirrung suchen sie sich zu verbergen. Kann man sich denn vor Gott verstecken? Warum nicht? Es war also töricht (naiv), sich vor Gott verbergen zu wollen. Aber ihr böses Gewissen gab ihnen diesen törichten (dummen) Wunsch ein.

16d.h. nicht bloß: An welchem Ort bist du? Sondern auch: In welchem Zustand bist du? Wohin ist es mit dir gekommen? Wo ist deine Unschuld, dein gutes Gewissen?

17Er war nackt nicht bloß am Leibe, sondern auch an der Seele, weil er die heiligmachende Gnade, dieses Kleid der Unschuld, verloren hatte.

18Warum fragt denn Gott? Hat er es nicht gewusst? Doch, aber er wollte, dass Adam seine Schuld reumütig eingestehe. Hat Adam dies getan? Er hat seine Schuld nicht weggeleugnet, er hat es eingestanden: „Ich aß“, aber er hat sich zugleich entschuldigen und die Schuld der Eva, ja gewissermaßen Gott selbst zuschieben wollen, der ihm die Frau beigegeben hatte. Eva aber schob die Schuld auf die Schlange.

19Sie sieht es also ein, dass sie betrogen (angeführt) ist. Die Schlange hatte ihr vorgegeben, sie würden noch viel vornehmer und glücklicher werden, und doch fühlen sie sich schon so tief erniedrigt und unglücklich.

20Kat. Nr. 398: Wir werden innerlich vor der Sünde gewarnt durch die Stimme des Gewissens. Die Stimme des Gewissens treibt uns an, das Gute zu tun und das Böse zu meiden. Haben wir Gutes getan, so lobt uns das Gewissen (gutes Gewissen); haben wir aber Böses getan, so macht es uns Vorwürfe (böses/schlechtes Gewissen, Gewissensbisse).

21Kat. Nr. 397: Die Sünde ist eine freiwillige Übertretung des göttlichen Gesetzes.
Die Übertretung ist freiwillig, wenn die Erkenntnis des Bösen und die Einwilligung vorhanden sind.

22Kat. Nr. 399: Man kann sündigen
1) durch böse Gedanken. Begierden, Worte und Werke;
2) durch Unterlassung des Guten, das man zu tun schuldig ist.

23Kat. Nr. 92: Sie wollten Gott gleich sein und aßen von der verbotenen Frucht.

24Kat. 401: Man begeht eine Todsünde, wenn man das göttliche Gesetz in einer wichtigen Sache freiwillig übertritt. Kat. 402: Zu einer Todsünde gehören diese drei Stück:
1) eine wichtige Sache;
2) klare Erkenntnis des Bösen;
3) volle Einwilligung.

Fortsetzung siehe zweiter Teil des Teil 5 (Der Sündenfall. Die Verheißung des Erlösers (2. Teil))