Ambrosius (um 340-397), Bischof von Mailand und Kirchenlehrer zeigt in seinem Kommentar zum Lukasevangelium, 7, 134 wie man die Bibel auslegt: 

Jesus sagt…

„Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Von jetzt an werden in einem Haus fünf Menschen zerstritten sein; drei werden gegen zwei Partei ergreifen und zwei gegen drei“ (Mt 10,34 und vgl. Lk 12,52-53). […] In fast allen Stellen des Evangeliums spielt der tiefere Sinn eine wichtige Rolle. Vor allem bei dieser Stelle muss man, um nicht durch die Schroffheit einer grob vereinfachenden Deutung abgeschreckt zu werden, einen tieferen Sinnzusammenhang suchen […] Wie kann Christus selber sagen: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“ (Joh 14,27), wenn er gekommen ist, um Väter mit ihren Söhnen zu entzweien und Söhne mit ihren Vätern – und dadurch ihre Beziehungen zerstört? Wie kann man verflucht sein, „wenn man Vater oder Mutter schmäht“ (vgl. Dtn 27,16), und zugleich fromm, wenn man sie verlässt?

Wenn wir einsehen, dass die Gottesbeziehung an erster Stelle steht und die Kindesliebe an zweiter, wird sich für uns dieses Problem lösen. Das Menschliche muss tatsächlich dem Göttlichen hintangestellt werden. Denn wenn man schon den Eltern gegenüber Pflichten hat, um wie viel mehr dann dem Vater der Eltern gegenüber, dem wir für unsere Eltern dankbar sein müssen […] Er sagt also nicht, dass wir auf die verzichten sollen, die wir lieben, sondern er sagt, dass wir Gott allen vorziehen müssen. An anderer Stelle steht übrigens: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig“ (Mt 10,37). Es ist dir nicht untersagt, deine Eltern zu lieben – es ist dir untersagt, sie Gott vorzuziehen. Denn die natürlichen Beziehungen sind Wohltaten des Herrn, und niemand darf empfangene Wohltaten mehr lieben als Gott, der sehr wohl darauf achtet, welche Wohltaten er austeilt. (Evangelium Tag für Tag)