Am letzten Samstag war ich abends in einem Vorabendgottesdienst. In der Predigt ging es um den Apostel Thomas, der zunächst nicht an Jesu Auferstehung glauben konnte bzw. wollte (siehe Joh 20, 24-29).

Der Pfarrer, der sich als Naturwissenschaftler verstand, lobte Thomas dafür, dass er nicht einfach so alles glaubte, sondern erstmal die Fakten prüfen wollte. Denn der Verstand wäre ja beim Glauben und einer aufgeklärten Religion unabdingbar, damit es zu keinen Auswüchsen wie dem Islamismus oder dem christlichen Fundamentalismus käme.

Deshalb hätte Thomas nicht nur völlig legitim, sondern praktisch vorbildlich gehandelt als er erstmal nachprüfen wollte, ob Jesus wirklich auferstanden sei. Sein Wunsch, seinen Finger in die Wunde an Jesu Seite legen zu dürfen, wäre richtig und wichtig gewesen. Auch wir dürften nicht einfach alles in der Bibel wörtlich nehmen und z. B. an die Schöpfung der Welt in sechs Tagen glauben. Und wir müssten als aufgeklärte Christen zur Kenntnis nehmen, dass Gott uns eben nicht direkt erschaffen hätte, sondern dass wir praktisch von einem Tier abstammen würden.

Mal abgesehen davon, dass hier verschiedene Themen miteinander vermengt wurden, nämlich einerseits die Frage wie man die Bibel richtig versteht, um zu keinem falschen Fundamentalismus zu führen und andererseits, dass der Glaube nicht grundsätzlich der Vernunft widersprechen darf wurde leider mal wieder islamischer und christlicher Fundamentalismus als vergleichbar hingestellt.

Das Thema der Predigt jedoch führt mich zur Fortsetzung meines vorigen Beitrags über die Frage, ob man die Genesis historisch verstehen kann oder gar muss. Denn natürlich sollte man als Christ nicht einfach alles glauben und natürlich sollte man die wissenschaftlichen Erkenntnisse auch für den eigenen Glauben nicht einfach ignorieren. Aber wo darf und muss man dann überhaupt noch glauben? Wenn alles zuerst nachprüfbar und für uns Menschen vom Verstand begreifbar sein muss? Und worum geht es im Glauben überhaupt? Was ist zu glauben und was nicht?

Zurück zur Geschichte mit dem Apostel Thomas. Hat da Jesus, die Skepsis und damit den Unglauben tatsächlich auch so positiv gesehen wie der Pfarrer? Und was sollten dann diejenigen Menschen machen, die nicht die Möglichkeit haben wie der Apostel Thomas, nämlich den auferstandenen Jesus sprechen und ihn gar berühren zu können?

Lesen wir dazu, was Jesus selbst dazu gesagt hatte:

Dann sagte er [Jesus] zu Thomas: “Reich deinen Finger her und sieh meine Hände. Reich deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht mehr ungläubig, sondern gläubig!”
Thomas antwortete ihm: “Mein Herr und mein Gott!”
Jesus sagte zu ihm: “Weil du mich siehst, glaubst du? Selig, die nicht sehen und doch glauben!”

Joh 20,27-29

Ganz offensichtlich tadelte Jesus den Unglauben des Thomas und lobt all diejenigen, die bereit sind zu glauben, auch wenn sie nicht “sehen” können.

An anderer Stelle wird in der Bibel sogar gesagt, dass man Gott ohne Glauben überhaupt nicht gefallen kann (Heb 11,6). Das sind starke Worte, die wir beherzigen sollten. Denn wir können Gott gar nichts geben, was er uns nicht bereits geschenkt hat, aber eines können und müssen wir ihm schenken: Unsere Entscheidung (ihm) zu glauben!

Zurück zur Schöpfungsgeschichte. Wie ist es hier mit dem Verstand und dem Glauben? Müssen wir hier auch erst verstehen und nachprüfen können, dass dies alles so geschehen ist wie geschrieben steht? Müssen wir also das Buch Genesis wörtlich, also historisch ansehen?

Ich denke ja, zumindest solange ich – und alle Christen und Kirchenväter vorher – diese Geschichte nicht offensichtlich missverstanden haben! Und das wäre der Fall, wenn es einen sicheren Beweis dafür gäbe, dass es so nicht geschehen ist und auch nicht geschehen sein konnte. Ähnlich drückte sich auch Papst Pius Xll. bereits 1950 in Humani Generis aus:

Es ist jetzt noch zu den Fragen Stellung zu nehmen, die aus den positiven Wissenschaften entspringen und mehr oder weniger mit den Wahrheiten des christlichen Glaubens zusammenhängen. Nicht wenige bitten ja dringend darum, die katholische Religion möge mit dieser Wissenschaft möglichst stark Rechnung halten. Es ist das lobenswert, soweit es sich um bewiesene Tatsachen handelt; es heißt aber, vorsichtig voranzugehen, wenn es sich mehr um Hypothesen handelt – auch wenn sie irgendwie wissenschaftlich begründet sind –, mit denen Lehren der Heiligen Schrift oder der Tradition in Berührung stehen. Wenn diese Hypothesen sich direkt oder indirekt gegen die Offenbarung wenden, so können sie in keiner Weise zugelassen werden.

Humani Generis, 35, Papst Pius Xll.

D. h. solange es keinen sicheren Beweis gibt, dass z.B. der Mensch, anders als in Genesis beschrieben, nicht direkt von Gott allein durch sein Wort in einem Augenblick erschaffen wurde, muss genauso daran im Glauben festgehalten werden wie an der Historizität allen anderen Wunder Gottes, die genausowenig naturwissenschaftlich erklärbar sind wie z.B. die Teilung des Roten Meeres, der Einsturz der Mauern von Jericho oder die Auferstehung Christi. Und ja das ist Glaube und nein der widerspricht nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen, da Wunder grundsätzlich nie mit naturgesetzlichen Vorgängen erklärbar sind!

Jetzt werden sicherlich einige einwenden, dass es doch bereits genug sichere naturwissenschaftliche Beweise gäbe, die dem Schöpfungsbericht widersprechen würden. Genauso wie die Evolutionstheorie eine gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnis wäre und dass es eine unleugbare Tatsache sei, dass die Menschheit um ein Vielfaches älter wäre als es die Bibel schildert.

Aber ist dem wirklich so? Und welche konkrete Beweise können ein Wunder der Schöpfung Gottes tatsächlich sicher widerlegen?

Dazu komme ich in einem der Folge-Beiträge zu diesem Thema.