Es gibt wohl kaum einen Menschen, der nicht Leid erlebt hat. An sich selbst und bei anderen.

Selbst gute und gläubige Menschen müssen leiden. Warum und wozu?

Das erklärt die Karmelitin Theresia Benedicta vom Kreuz, mit bürgerlichen Namen Edith Stein, 1942 von den Nationalsozialisten im KZ Auschwitz-Birkenau ermordet, in einer ihrer Schriften:

Der Heiland ist auf dem Kreuzweg nicht allein, und es sind nicht nur Widersacher um Ihn, die Ihn bedrängen, sondern auch Menschen, die Ihm beistehen: als Urbild der Kreuzesnachfolger aller Zeiten die Gottesmutter; als Typus derer, die ein ihnen auferlegtes Leid hinnehmen und seinen Segen erfahren, indem sie es tragen, Simon von Kyrene; als Vertreterin der Liebenden, die es drängt, dem Herrn zu dienen, Veronika. Jeder, der in der Folge der Zeiten ein schweres Schicksal im Gedanken an den leidenden Heiland geduldig trug oder freiwillige Sühneleistungen auf sich nahm, hat damit etwas von der gewaltigen Schuldenlast der Menschheit getilgt und dem Herrn Seine Last tragen helfen; vielmehr: Christus, das Haupt, leistet Sühne in diesen Gliedern Seines mystischen Leibes, die sich Ihm mit Leib und Seele für Sein Erlösungswerk zur Verfügung stellen.

Wir dürfen annehmen, dass der Ausblick auf die Getreuen, die Ihm auf Seinem Leidensweg folgen würden, den Heiland in der Ölbergnacht gestärkt hat. Und die Kraft dieser Kreuzträger kommt Ihm nach jedem Fall zu Hilfe. Die Gerechten des Alten Bundes sind es, die Ihn das Stück Weges vom ersten bis zum zweiten Fall begleiten. Die Jünger und Jüngerinnen, die sich während Seines Erdenlebens um Ihn scharten, sind die Helfer auf der zweiten Wegstrecke. Die Kreuzesliebhaber, die Er erweckt hat und immer aufs Neue erwecken wird in der wechselvollen Geschichte der streitenden Kirche, das sind Seine Bundesgenossen in der Endzeit. Dazu sind auch wir berufen.

Kreuzesliebe. Einige Gedanken zum Fest des hl. Vaters Johannes vom Kreuz (24. November 1933), in: Edith-Stein-Gesamtausgabe, Band 20, Geistliche Texte II, 2. Teil 2, S. 67, zitiert aus Evangelium Tag für Tag