Wie sollte ein christlicher Leiter seine Anvertrauten führen? Welches Herz sollte er dabei haben?
Dies beantwortet Aelred von Rievaulx (1110-1167), englischer Zisterzienserabt im “Gebet eines Hirten” (1.7) folgendermaßen:
Jesus, du guter Hirte, du wahrhaft guter Hirte, der du voller Wohlwollen und Zärtlichkeit bist, zu dir erhebt sich die Stimme eines armen und erbärmlichen Hirten: eines schwachen Hirten, eines unnützen Hirten, eines jeden Hirten (vgl. Lk 17,10), und doch eines Hirten deiner Schafe. Ja, zu dir, du guter Hirte, steigt der Schrei dieses Hirten empor, der weit entfernt davon ist, gut zu sein; zu dir schreit er, in großer Sorge wegen seiner selbst und wegen seiner Schafe. […] Du kennst mein Herz, Herr, du weißt, dass es mein Verlangen ist, alles, was du deinem Diener gegeben hast, an die aufzuwenden, die du mir anvertraut hast. […] Und mehr noch, mich ganz und gar für sie aufzureiben, ohne nachzuzählen (2 Kor 12,15). Du selbst hast es ja nicht unter deiner Würde gehalten, dich für sie zu verausgaben. Lehre mich also, Herr, lehre deinen Diener, lehre mich durch deinen Heiligen Geist, wie ich mich für die anderen verausgaben kann. […] Gewähre mir durch deine unaussprechliche Gnade, ihre Schwächen zu ertragen, gütig Anteil zu nehmen, ihnen mit Zartgefühl beizustehen. Möge die Unterweisung deines Heiligen Geistes mich lehren, die Niedergeschlagenen zu trösten, die Ängstlichen zu ermutigen, die Gefallenen wiederaufzurichten, mit den Schwachen schwach zu sein, mich von brennender Sorge verzehren zu lassen, allen alles zu werden, um alle zu gewinnen (2 Kor 11,29; 1 Kor 9,19.22). Lege auf meine Lippen Worte der Wahrheit, damit sie wachsen mögen im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe, in der Keuschheit und in der Demut, in der Geduld und im Gehorsam, im Feuer des Geistes und in der Reinheit des Herzens. Denn du gabst ihnen diesen blinden Führer (Mt 15,14), diesen unwissenden Lehrer, diesen unfähigen Führer, belehre du den, den du als Lehrer eingesetzt hast, führe du den an, dem du befohlen hast, die anderen zu führen. (zitiert aus Evangelium Tag für Tag)
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